Ein Kommentar von Luiz Ramalho
Trump zu Lateinamerika: „Wir brauchen sie nicht, sie brauchen uns.“
Mit dem Wiedereinzug Donald Trumps ins Weiße Haus scheint Brasilien und seinem Präsidenten Lula da Silva eine kaum vermeidbare geopolitische Konfrontation bevorzustehen. Was Lula anstrebt – die Stärkung internationaler Institutionen, eine Reform des Weltfinanzsystems, Bekämpfung der Ungleichheit, Milliardärsbesteuerung, Entschuldung der ärmsten Länder, Bekämpfung von Hunger und Armut, Fortschritte bei den Klimaverhandlungen – all dies ist für Trump nichts weiter als eine Provokation gegen die imperialen Interessen der USA. Die Trump-Doktrin, geprägt von nationalistischer Abschottung, Handelskriegen und Missachtung globaler Zusammenarbeit, stellt einen direkten Angriff auf Lulas politische Agenda dar.
Schon in seiner ersten Amtszeit zeigte Trump, dass er an einer partnerschaftlichen Beziehung zu Brasilien nicht interessiert war. Zwar profitierte die brasilianische Agrarindustrie kurzfristig von seinem Handelskrieg mit China, doch seine wirtschaftspolitische Wankelmütigkeit schadete anderen Sektoren massiv – insbesondere durch Strafzölle auf Stahl und Aluminium. Trumps Protektionismus sollte Brasilien zu einem Spielball seiner unberechenbaren Politik machen.
Auf diplomatischer Ebene erwies sich Bolsonaros Anlehnung an Trump als fatal. Der ultrarechte Präsident versuchte, sich als sein verlängerter Arm in Südamerika zu positionieren, doch nach Trumps Abwahl 2020 blieb Brasilien isoliert zurück. Trump verfolgte keine kohärente Außenpolitik – er betrachtete Länder nicht als Partner, sondern als Gehilfen seiner nationalistischen Agenda. Sein Klima- und Umweltkurs war eine Katastrophe. Durch den Rückzug aus internationalen Abkommen bot er Bolsonaro Rückenwind für die Zerstörung des Amazonas. Langfristig schadete Bolsonaro nicht nur Brasiliens internationaler Glaubwürdigkeit, sondern auch seiner Wirtschaft, da Umweltauflagen und Boykotte die Exporte bedrohten.
Lulas Rückkehr an die Macht hat Brasilien international wieder auf die Karte gesetzt. Er verfolgt eine multilateral ausgerichtete Politik, engagiert sich für die G20-Agenda und will die globale Finanzarchitektur reformieren. Doch unter Trump gerät all dies unter Beschuss. Trump kämpft gegen alles, was Lula vertritt: soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz, eine demokratische Weltordnung. Der Konflikt scheint unausweichlich zu sein, denn Brasilien präsidierte 2024 die G20 und wird 2025 die BRICS präsidieren – ein Verbund, den Trump als Bedrohung sieht. Trump wird keine Gelegenheit auslassen, Brasiliens Einfluss zu untergraben, sei es durch Handelsbarrieren, diplomatische Sabotage oder wirtschaftliche Erpressung.
Die Situation wird noch brisanter durch Lulas Positionen zu China, Russland und dem Nahen Osten. Trump hat bereits angekündigt, Länder mit Zöllen zu bestrafen, die sich dem US- Dollar als Leitwährung entziehen. Die BRICS-Länder setzen genau auf diese Entdollarisierung – ein Affront für Trumps America-First-Politik. Gleichzeitig dürfte Trumps Rückkehr auch innenpolitische Spannungen in Brasilien verstärken. Der gerade laufende Prozess gegen Bolsonaro wegen eines Putschversuchs könnte durch eine Trump- Unterstützung der brasilianischen Rechten weiter eskalieren, was Lula zusätzliche innenpolitische Herausforderungen bescheren würde.
Fazit: Trump steht für eine rücksichtslose, nationalistische und reaktionäre Weltpolitik, die Brasilien als Vasallenstaat behandeln will. Lula hingegen verfolgt eine souveräne, multilaterale Strategie, die Trump zwangsläufig als Bedrohung ansieht. Bei Trump 2025 wird sich entscheiden: Kann Brasilien sich als selbstbewusster Global Player gegen Trump behaupten? Lula hat bereits signalisiert, dass er sich nicht einschüchtern lassen wird. Es wird vom Geschick und der Klugheit der brasilianischen Diplomatie und vom Präsidenten Lula selbst abhängen, trotz der Rüpelhaftigkeit von Trump, Brasiliens eigenen Weg weiter zu gehen.
Luiz Ramalho ist Vorsitzender des LAF Berlin e.V., Soziologe und unabhängiger Entwicklungsberater.
Beitragsbild: Gage Skidmore, Donald Trump, President of the United States, 2025 CPAC, CC BY-SA 2.0.