Starke Rechte für Indigene, Menschenrechts- und Umweltaktivist:innen
Eine Videokonferenz der FES zum Abkommen von Escazú
Am 22. April 2021 trat das Abkommen von Escazú in Kraft. Worum es dabei geht, beschreibt Thomas Hartmann von der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES): „Das »Abkommen für den Zugang zu Information, die öffentliche Teilnahme und den Zugang zur Justiz in Angelegenheiten der Umwelt in Lateinamerika und der Karibik« wurde von 24 Staaten über mehrere Jahre verhandelt und ist nach seinem Entstehungsort in Costa Rica benannt. Mit der Ratifizierung von zwölf Ländern wurde die nötige Mindestzahl erreicht, damit das Abkommen schließlich in Kraft treten konnte. Es ist der erste Vertrag, der von und für die Staaten Lateinamerikas verhandelt wurde und das erste regionale Umweltabkommen überhaupt. Sein Ziel ist die Verknüpfung von Menschen- und Umweltrechten. Mehr Bürger:innenbeteiligung und die Durchsetzung von Bürger:innenrechten in Umweltangelegenheiten sollen beispielsweise zu neuen Mechanismen bei der Prävention von sozialen Konflikten bzw. deren Deeskalation sowie bei der Garantie der Menschenrechte führen. Zivilgesellschaftliche Akteure spielten dabei von Beginn an eine zentrale Rolle und waren an den Verhandlungen beteiligt. Zudem ist es weltweit das erste Mal, dass auch verbindliche Schutzmechanismen für Menschenrechts- und Umweltaktivist:innen in einem internationalen Abkommen festgeschrieben wurden. Der Escazú-Vertrag geht damit über das internationale Übereinkommen von Århus hinaus, das seit 1998 jedem Menschen Rechte im Umweltschutz zuschreibt.“
Elf Monate nach dem Inkrafttreten hatte das FES-Büro Mexiko zu einer interessanten Videokonferenz geladen. Unter dem Titel „Ein historischer Vertrag über Menschenrechte, Umweltschutz und Handel: das Escazú-Abkommen“ wurden die verschiedenen Aspekte beleuchtet. Tomás Severino Ortega von Cultura Ecológica in Mexiko umriss zunächst das Werden des Abkommens, an dessen Zustandekommen nicht nur Regierungen und Parlamentarier:innen, sondern auch Indigene Gruppen, Menschenrechtsorganisationen und andere NRO beteiligt waren. Juan Carlos Carrillo Fuentes vom Centro Mexicano de Derecho Ambiental (CEMDA) lobte in seiner Präsentation, dass dank des Escazú-Abkommens jetzt ebenso Indigene Gemeinschaften und NRO durchsetzbare Klagerechte haben, und betonte, dass damit auch der Schutz von Umweltaktivist:innen auf ein neues Niveau gehoben und den Betroffenen mehr Transparenz und der bessere Zugang zu Informationen zugesichert werde. Sebastian Bechtel von Client Earth Europe schlug den Bogen vom Århus- zum Escazú-Abkommen, das in seinen Klage- und Sanktionsmöglichkeiten weit über Århus hinausgehe.
In der Diskussion, an der sich viele der etwa 50 Teilnehmenden per Chat oder Wortbeitrag beteiligten, wurde darauf hingewiesen, dass sich trotz der Ratifizierung des Escazú-Abkommens die Situation in vielen Ländern Lateinamerikas noch nicht signifikant gebessert habe. Auch die vielfach von der Wirtschaft vorgebrachten Argumente, die Durchsetzung von Umweltrechten hebele das Wirtschaftswachstum aus, wurde thematisiert. Ebenso wurde diskutiert, was wir in Europa bewegen und wie wir das schaffen können: durch Information, Lobbyarbeit und Kampagnen wie z.B. zum Lieferkettengesetz. Vom 22. bis 24. April findet in Santiago de Chile die erste internationale Konferenz nach Inkrafttreten des Abkommens statt, in der es um die Umsetzung, Finanzierung und Weiterentwicklung geht.
Ein Bericht von Michael Schrick
Foto: LAF-Team