NICHT ALLEIN! Vereint gegen Gewalt an Frauen

Anmerkungen zur Veranstaltung „Violencia doméstica – Geschichten häuslicher Gewalt und Entwurzelung „Espejitos de Colores“[1] – am 7.2.2019 Selten fanden so viele Gäste den Weg in das LAF wie an diesem Abend. Fast 70, fast ausschließlich Frauen, waren der Einladung des LAF am 7. Februar 2019 zu dieser Kooperationsveranstaltung mit der Berliner Initiative gegen Gewalt an […]

Anmerkungen zur Veranstaltung „Violencia doméstica – Geschichten häuslicher Gewalt und Entwurzelung „Espejitos de Colores“[1] – am 7.2.2019


Selten fanden so viele Gäste den Weg in das LAF wie an diesem Abend. Fast 70, fast ausschließlich Frauen, waren der Einladung des LAF am 7. Februar 2019 zu dieser Kooperationsveranstaltung mit der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen (BIG) und der Fachstelle für sexualisierte Gewalt (LARA) gefolgt.
Bei seiner Begrüßung stellte Werner Würtele (LAF) fest, dass einiges in Bewegung geraten ist:

  • Am 25.11. begehen wir alljährlich den Internationalen Tag der Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (der 1989 bereits in lateinamerikanischen Ländern eingeführt worden war)
  • 2016 wurde in Deutschland das Sexualstrafrecht reformiert („Nein heißt Nein!“)
  • Die sog. Istanbul-Konvention des Europarats von 2011 wurde vor einem Jahr auch von Deutschland ratifiziert,
  • die Me-too-Debatte ist nun ebenfalls ein Jahr alt
  • Und ab dem 8. März 2019 ist der Internationale Frauentag in Berlin Feiertag.

Moderatorin Didice

Bei allen Fortschritten, es gibt noch sehr viel zu tun. Das zeigte der Dokumentarfilm der Argentinierin Alicia Elero, „Espejitos de Colores – Historias de violencia doméstica y desarraigo –  Geschichten häuslicher Gewalt und Entwurzelung“. Der Film basiert auf anonymen Interviews mit sechs in Berlin lebenden Latinas, die über (häusliche) Gewalterfahrungen, über Abhängig- und Hilflosigkeit, Sprach- und Orientierungslosigkeit berichteten.
Sicher gibt es lateinamerikanische Frauen, die über einen europäischen Mann den Weg zum sozialen Aufstieg und aus der Misere suchen. In dem Film aber waren die Latinas gegenüber ihren Partnern die eher besser situierten. Und trotzdem gerieten sie unter die Räder. Aufmerken liess, wie positiv manche der  Interviewten die deutsche Polizei beurteilten. Friederike Strack (LARA) hob positiv hervor, dass der Film auch einmal die direkt Betroffenen zu Wort kommen lässt.
Viele Opfer von Gewalt wenden sich erst nach Wochen oder gar nicht an die Polizei, da sie Repressalien seitens ihrer Partner fürchten oder sie Angst vor

BIG, LARA und LAF

Abschiebung haben – ein Zurück in ihr Heimatland gibt es für die meisten nicht mehr. Umso wichtiger sind die Beratungsstellen wie BIG und LARA. Bei diesen aber herrscht z. T. ein Mangel an ausgebildetem Personal und Dolmetscherinnen. Darüber hinaus bedürfe es einer besseren Schulung und Sensibilisierung der Polizisten, um letztlich dem verbreiteten „victim blaming“, welches die Schuld für einen Übergriff dem Opfer zuschreibt, entgegenzutreten, unterstrichen Miriam Futterlieb und Salomé Calle Santos (BIG).
Eine größere Verantwortung in Fällen von häuslicher Gewalt als bisher müsse der Staat übernehmen. Behörden sehen gerne Gewalt in Familien als Privatsache und schieben die Verantwortung auf das Individuum ab. Die wahre Ziffer von Straftaten liegt mit Sicherheit erheblich höher als dies in offiziellen Statistiken zum Ausdruck kommt.
Geschlechtsbezogene Gewalt ist ein globales Phänomen, trotzdem sollten nicht alle Länder und Gesellschaften über einen Kamm geschoren werden, möchte man nicht die Erfolge der Frauenbewegungen im Kampf gegen die Männergewalt klein reden. Auch variiert die öffentliche Wahrnehmung von Land zu Land, je nach herrschenden sozialen Normen.

v.li. Miriam Futterlieb, Salomé Calle Santos, Friederike Strack, Alicia Elero, Didice Godinho Delgado

An dem Abend konzentrierten wir uns mehr auf häusliche Gewalt, die am Arbeitsplatz oder im öffentlichen Raum wurde nur randlich gestreift, doch ist sie nicht minder relevant.
Nicht nur aktiv werden, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist“!  Nein, BIG und LARA stehen auch für Gewaltprävention – durch Schulungen (von Polizei), Arbeit in Schulen, Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit, offensive Information über Hilfsangebote für Betroffene.
Nein, SIE SIND NICHT ALLEIN!
Die Veranstaltung wurde angesichts der hohen Zahl an Lateinamerikanierinnen in spanischer Sprache durchgeführt.

Bericht: LAF.

Wir freuen uns über Ihre Kommentare!

Fotos: Alicia Elero und Werner Würtele
[1] Espejitos –  “Farbspiegelchen“, wie sie Kolumbus bei seinen Begegnungen auf dem neuen Kontinent verteilte. Pendant zu den Glasperlen nach Afrika.