„Unmittelbar nach dem Fall der Mauer fanden sich etwa 20 Männer und Frauen zusammen, die eine Lateinamerika gewidmete Institution gründen wollten. Anlass war das deutliche Nachlassen des Interesses Deutschlands an Lateinamerika zugunsten der Länder des „Ostblocks“, insbesondere aber der ehemaligen DDR. Die Entwicklungshilfe konzentrierte sich immer mehr auf Afrika. (…)
Zu dieser Zeit gab es neben dem Lateinamerika-Institut der FU Berlin und dem Ibero-Amerikanischen Institut/Preußischer Kulturbesitz mit seiner hervorragenden Bibliothek nur wenige Institutionen, die sich um die Belange Lateinamerikas kümmerten [1]. Die Botschaften und politischen Stiftungen kamen erst Jahre später in die deutsche Hauptstadt.“ (…)
„Nach vielen Sitzungen schloss sich der Kreis der Gründungsmitglieder, der sich vor allem aus Politikern, Hochschullehrern, Entwicklungs-Experten, Journalisten, Wirtschaftsfachleuten, Dolmetschern, Künstlern, Ministerialbeamten und Diplomaten aus beiden Teilen Berlins, aus Deutschland und Lateinamerika zusammensetzte. Allen gemeinsam war der Wunsch, das Verständnis der Probleme Lateinamerikas in Deutschland wach zu halten und zu intensivieren, indem der interkulturelle Dialog durch verschiedene Maßnahmen gefördert wird. Die Gründung dieses gemeinnützigen Vereins erfolgte am 8. 12. 1992 mit rund 50 Gründungsmitgliedern im Simon Bolivar-Saal im Ibero-Amerikanischen Institut, die juristische Konsolidierung durch die offizielle Eintragung im Vereinsregister folgte im Jahre 1993.“(…)
„Aufgabe war es in erster Linie, das Interesse an Lateinamerika in Berlin zu fördern und einen offenen Austausch über die Entwicklungen in der Region sowie über die Beziehungen zwischen Deutschland und Lateinamerika zu führen. Das Lateinamerika-Forum war immer ein Forum für Ideen, Informationen und Kontakte, sowie ein Treff der Lateinamerikaner und Deutschen in Berlin.“
Kooperation. „Wichtig war dabei die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen, dies ganz im Sinne der Zielsetzung, „das reiche Lateinamerika-Potential in Berlin zu nutzen und mitzubündeln helfen“. Hervorzuheben ist vor allem die Zusammenarbeit mit den Botschaften der lateinamerikanischen Länder, die entweder ihre Räumlichkeiten für unsere Aktivitäten zur Verfügung stellten oder selbst inhaltlich mit beteiligt waren. Ein enger Kooperationspartner ist auch das Ibero-Amerikanische Institut, mit dem das Forum viele gemeinsame Veranstaltungen durchgeführt hat. (Seit einigen Jahren bieten wir unsere Veranstaltungen – gegen eine von uns bezahlbare Miete – in den Räumlichkeiten von SEKIS an. Dass wir dies tun können, dafür sind wir SEKIS sehr dankbar).
Aktivitäten. „Im Mittelpunkt der Aktivitäten des Forums standen Vorträge, Diskussionen, Lesungen, Exkursionen, Ausstellungen und Filmvorführungen sowie wissenschaftlich-kulturelle Veranstaltungen, in denen unterschiedliche Themenbereiche beleuchtet wurden: von Kultur, Sprache und Literatur über Politik, Geschichte, Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft, bis hin zu Entwicklungszusammenarbeit und Umweltfragen. Dabei wurden nicht nur Informationen und positive Entwicklungen aufgezeigt, sondern auch kritische Analysen zu Gewalt und zu bestimmten politischen Systemen vorgenommen.
Unsere Referenten sind Mitglieder des Forums mit Expertise und / oder Professoren von Universitäten (Wissenschaftler) und Vertreter entwicklungspolitischer Institutionen, Initiativen und anderer Organisationen mit Lateinamerikabezug.“
Knappe Mittel. Vorbereitungen, Organisation und Bewerbung von Veranstaltungen erforderten stets einen erheblichen Arbeitseinsatz, bei äußerst knappen personellen und finanziellen Ressourcen. Es ist den Vorständen des Lateinamerika-Forums stets gelungen, zahlreiche ausgewiesene Referenten zu gewinnen, die in der Regel aus Interesse an der Sache unentgeltlich zur Verfügung standen, und viele kompetente Mitstreiter waren bereit, ihre freie Zeit einzusetzen.“
Konkurrenz wächst. „In der Gründungszeit des Lateinamerika-Forums Anfang der 90-iger Jahre befanden sich wie erwähnt nur wenige Botschaften, politischen Stiftungen, Ländervereine und Freundeskreise in Berlin, die sich mit Lateinamerika beschäftigen. Diese Situation änderte sich drastisch in den letzten Jahren. Die mit Lateinamerika befassten Institutionen und politischen Vertretungen sind sehr zahlreich geworden, weshalb sich die Situation des Lateinamerika-Forums schwieriger gestaltete. Es gab viele Konkurrenz-Veranstaltungen, die oft gleichzeitig stattfanden. Institutionen und Ländervereine entstanden, weshalb es notwendig war, sich abzugrenzen und die Identität neu zu definieren…“ (Zitatende)
Wir erkennen: das LAF weist in seiner nun 25-jährigen Geschichte gar manche Kontinuität auf. Um sich im entwicklungs- und kulturpolitischen Veranstaltungsbetrieb Berlins zu behaupten, musste das LAF Anpassungsbereitschaft zeigen und sich den aktuellen Herausforderungen stellen. Die in der Regel hohe Zahl an Teilnehmenden unserer Veranstaltungen zeigt: es gelingt.
Eines aber ist grundsätzlich anders als früher: während uns lange Zeit die Frage umtrieb, wie könnte sich das LAF-Team verjüngen, so fragen wir uns heute: wie gewinnen wir mehr engagierte ältere Kolleg/innen – mit Zeit – für die Mitarbeit?
[1] Anm.: Zu ergänzen wäre, dass es zu dieser Zeit gerade in Berlin eine breite Lateinamerika-Solidaritätsbewegung gab. Die Chile/Lateinamerika Nachrichten waren bereits 1973, das Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL) 1974 gegründet worden.
(2) Zu den Männern der ersten Stunde „gehörten Bernd Breuer (Deutsche Stiftung für internationale Entwicklung DSE), Oscar Weidert (Iberoamerikanische Vereinigung), Raban Freiherr von Mentzingen (Bundespresseamt), dem späteren ersten Präsidenten des Lateinamerika-Forums, Prof. Dr. Dietrich Briesemeister (Leiter des Iberoamerikanischen Instituts), Prof. Dr. Manfred Nitsch (Lateinamerika-Institut der FU Berlin) und Prof. Dr. Hans-Otto Dill (für die lateinamerikanische Literaturwissenschaft). Hinzu kamen Journalisten wie Dr. Klicker vom RIAS, Senatsmitglieder, Bundestagsabgeordnete und ehemalige Diplomaten mit Lateinamerikabezug.“