Eine Bilanz am Ende des Wahlmarathons 2022
Update: Am 19. Juni 2022 wurde Gustavo Petro in der zweiten Wahlrunde zum Präsidenten und Francia Márquez zur Vizepräsidentin Kolumbiens gewählt.
Kolumbien hat entschieden. Nach einem harten Wahlkampf unter extrem polarisierten Bedingungen, inmitten hoher Inflationsraten, grassierender sozialer Unzufriedenheit und einer zunehmend prekären Sicherheitslage hat die Mehrheit der kolumbianischen Wähler:innen am 29. Mai für einen radikalen Wechsel gestimmt.
Gustavo Petro vom links-progressiven Bündnis Pacto Histórico (Historischer Pakt) gewann die erste Wahlrunde mit seiner afrokolumbianischen Vizekandidatin, Frauen- und Umweltaktivistin Francia Márquez mit 40,3%, einem historisch einmaligen Ergebnis für die Linke. Petro verfehlte jedoch die von ihm und seinen Anhänger:innen erhoffte absolute Mehrheit und muss sich somit am 19. Juni in einer Stichwahl seinem Herausforderer, dem politischen outsider Rodolfo Hernández Suárez Fernández stellen. Dieser hat es mit einem rechtspopulistischen Diskurs und Videos im Netz aus der Bedeutungslosigkeit mit 28% der Stimmen auf den zweiten Platz geschafft. Ursprünglich erwartet wurde ein Duell zwischen Petro und dem Kandidaten des Mitte-Rechts-Lagers, Federico Gutiérrez. Dieser landete aber mit 23,9% abgeschlagen auf Platz 3. Ein Ergebnis, das auch als eine Absage der Kolumbianer:innen an die Politik der vergangenen zwei Jahrzehnte gewertet wird.
Viele Kolumbianer:innen wünschen sich einen radikalen Wechsel in der Politik. Der bisherige Präsident, Iván Duque, verlässt sein Amt als einer der unbeliebtesten Präsidenten in der Geschichte des Landes.
In der Stichwahl am 19. Juni wird sich entscheiden, wer die Deutungshoheit über das Zauberwort „cambio“ (Wechsel) gewinnt, das sich beide Kandidaten auf die Fahnen geschrieben haben und welcher Wandel sich politisch, wirtschaftlich und sozial nach dem 19. Juni abzeichnet.
Angesichts der Ergebnisse der Kongresswahlen vom 13. März, bei der der „Historische Pakt“ unter Petro zwar Stimmen gewann, die Mitte-Rechts-Allianz unter Federico Gutiérrez jedoch ihre Mehrheit im Kongress behauptete und der Ergebnisse vom 29. Mai kann nicht ausgeschlossen werden, dass mit dem Unternehmer Rodolfo Hernández erstmals in der kolumbianischen Geschichte ein politischer Außenseiter ins Präsident:innenamt gewählt wird. Es wäre das Ende einer Ära mit Folgen auch über die Landesgrenzen hinaus.
Wir wollen das Ende des Wahlmarathons 2022 zum Anlass nehmen, um am Mittwoch, den 29. Juni, 19:00 (Berlin) / 12:00 (Kolumbien) Bilanz zu ziehen und uns mit dem Podium über Herausforderungen und Entwicklungsperspektiven des Landes angesichts der neuen politischen Kräftekonstellation auszutauschen.
Podiumsteilnehmer:innen
- Juliana Hernández de la Torre: Feministin, Exekutivdirektorin von Artemisas, Koordinatorin der Campaña „Paridad Ya“, des nationalen Advocacy-Netzwerks „Nosotras Ahora“ und Mitkoordinatorin des lateinamerikanischen Netzwerks für politische Innovation, Kolumbien.
- Esteban Salazar: Koordinator für Demokratie und Regierungsführung bei der Fundación Paz y Reconciliación (Stiftung für Frieden und Versöhnung), Master in Entwicklungs-, Regierungsmanagement und internationale Beziehungen an der Universidad Externado de Colombia. Politischer Analyst, Fachberater und Kolumnist.
- María Fernanda Carrascal: Kongressabgeordnete Bogotá
- Bernd Marquardt: Professor an der Fakultät für Rechts-, Politik- und Sozialwissenschaften der Universidad Nacional de Colombia, Bogotá. Er ist Gründer und Leiter der Forschungsgruppe “Comparative Constitutionalism” sowie Experte für Verfassungsrecht, Verfassungsgeschichte und -theorie, Staatstheorie, Rechtsgeschichte und Umweltrecht.
Moderation:
Prof. Dr. Klaus Bodemer (LAF Berlin e.V.)
Die Veranstaltung findet via Zoom auf Spanisch mit Simultanübersetzung ins Deutsche statt und wird zusätzlich per Facebook-Livestream übertragen. Wir freuen uns über Ihre Teilnahme!
Eine Kooperationsveranstaltung des LAF Berlin e.V. mit der Friedrich-Ebert-Stiftung.
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Foto Beitragsbild: Oliver Dalichau
