Verstärkt angesagt: Solidarität mit nicaraguanischen Frauen

„Missachtung – Verachtung – Frauenhass: Gewalt gegen Frauen in Zentralamerika. Ein feministischer Blick“ Referentin: Karin Schüler. LAF-Veranstaltung in der Stiftung Umverteilen! am 24.05.2018. Karin Schüler, die sich selbst als „traditionelle Feministin“ bezeichnet, berichtete von Frauen geführten Projekten in Nicaragua und Costa Rica, die sie im Februar/März 2018 besuchte. Als DED-Entwicklungshelferin hatte sie Anfang der 80er […]

„Missachtung – Verachtung – Frauenhass: Gewalt gegen Frauen in Zentralamerika. Ein feministischer Blick“

Referentin: Karin Schüler.

LAF-Veranstaltung in der Stiftung Umverteilen! am 24.05.2018.

Karin Schüler (li.) und Moderatorin Franziska Rottig

Karin Schüler, die sich selbst als „traditionelle Feministin“ bezeichnet, berichtete von Frauen geführten Projekten in Nicaragua und Costa Rica, die sie im Februar/März 2018 besuchte. Als DED-Entwicklungshelferin hatte sie Anfang der 80er Jahre den mit  so viel Hoffnung verbundenen Aufbruch der sandinistischen Revolution in Nicaragua erlebt, und war nun tief enttäuscht von dem, was daraus wurde: Rückfall in eine durch und durch patriarchalische Gesellschaft mit verfassungswidrig beschnittenen Frauenrechten (s. Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen) und hohen Mordraten an Frauen (Femizide), nicht anders als in umliegenden Ländern. Demütigung, Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen wird in der machistischen Gesellschaft heute (wieder) als „normal“, als Familienangelegenheit, betrachtet, anscheinend widerspruchsfrei ergänzt durch die Überhöhung der „heiligen Mutter“, stellte Karin Schüler in Ihrem Vortrag fest.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet Gewalt gegen Frauen als eines der größten Gesundheitsrisiken von Frauen weltweit.

Cristiana socialista solidaria

Daniel Ortega an der Grenze mit Costa Rica

„Cristiana, socialista, solidaria“ lautet nun der Slogan, der überall in Nicaragua zu lesen ist. Zur Absicherung der Macht hatte die Regierung Ortega einen Pakt mit der konservativen katholischen Kirche geschlossen. Kritiker des „Systems Ortega“ erkennen nur noch wenig Gemeinsames mit den ursprünglichen Zielen der sandinistischen Revolution, brandmarken die wirtschaftliche, politische und mediale Machtfülle der Familie Ortega.
Als politikmüde und -verdrossen kam der Referentin die Bevölkerung bei ihrem Besuch vor. Umso überraschter war sie über die Ereignisse kurz nachdem sie nach Deutschland zurückgekehrt war. Tausende Studierende und Rentner/innen gingen vereint auf die Straßen gegen eine „Reform“, nach der die Renten gekürzt, die Beiträge dazu aber erhöht werden sollten. In der deutschen Presse war dazu anfänglich nur wenig zu lesen. Das änderte sich etwas als die Regierung auf die Proteste mit einer nie gekannten Brutalität antwortete, und Dutzende Tote zu beklagen waren, wobei als sandinistisch identifizierte Banden eine besonders unrühmliche Rolle spielten. Die Proteste hielten an, auch nachdem die Regierung das Reformvorhaben zurückgestellt und den Dialog angeboten hatte. Inzwischen aber geht es den Protestierenden nicht mehr nur um den Rücktritt des Polizeipräsidenten, sondern der Ortega Regierung insgesamt. Bemerkenswert, dass sich die katholische Kirche heute trotz Pakt schützend vor die rebellische Jugend stellt. Inzwischen wurde der Dialog, kaum begonnen, wieder abgebrochen. Der Konflikt schwelt weiter.
Verteidiger des Ortega-Regimes erkennen hinter den Protesten die lange Hand des „US-Imperialismus“, die frühere (westdeutsche) Solidaritätsbewegung mit Nicaragua allerdings ist sich in ihrer Bewertung ziemlich einig: Ortega hätte eine Familiendiktatur errichtet, der es nur noch um den Machterhalt ginge.
Die derzeitigen Auseinandersetzungen treffen auch die von Karin Schüler besuchten, aus Deutschland unterstützten Frauen-Projekte. In den letzten Jahren war die deutsche Entwicklungszusammenarbeit bereits zurückgefahren worden, nachdem die Regierung immer mehr den Aktionsspielraum von Nicht-Regierungsorganisationen eingeschränkt hatte. Nun kommt noch die prekäre Sicherheitslage dazu. Frauen können ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse kaum noch verkaufen, die Schüler/innen der Sprachschulen bleiben aus, ebenso ausländische Tourist/innen. Vor diesem Hintergrund plädiert Karin Schüler für eine „Solidarität mit Nicaragua“. Wie wäre eine Wiederbelebung der zahlreichen deutsch-nicaraguanischen Städtepartnerschaften?

Hier zum ausführlichen Original von Karin Schüler Gewalt gegen Frauen in Zentralamerika

Text und Fotos: Werner Würtele