Mexiko im Drogenkrieg – Suche nach Lösungen

Referent: Carlos A. Pérez Ricart In der LAF-Reihe „Junge lateinamerikanische Wissenschaftler:innen“ gab uns der mexikanische Soziologe Carlos A. Pérez Ricart am 15. September 2016 einen Einblick in seine Forschungstätigkeit. Er referierte zum Thema „Legalize it? Mexiko, Lateinamerika und der Drogenkrieg“. Der Drogenanbau hat in bestimmten Regionen Mexikos eine lange Tradition. Die wachsende Nachfrage der letzten […]

Referent: Carlos A. Pérez Ricart

In der LAF-Reihe „Junge lateinamerikanische Wissenschaftler:innen“ gab uns der mexikanische Soziologe Carlos A. Pérez Ricart am 15. September 2016 einen Einblick in seine Forschungstätigkeit. Er referierte zum Thema „Legalize it? Mexiko, Lateinamerika und der Drogenkrieg“.

Der Drogenanbau hat in bestimmten Regionen Mexikos eine lange Tradition. Die wachsende Nachfrage der letzten Jahrzehnte führte dort inzwischen zu sich verschärfenden Problemen: Zu einer Zunahme an Gewalt, zu Umweltzerstörungen, zur Zerrüttung von Gemeinschaften. Drogengelder unterminieren die Staatsapparate und alle gesellschaftliche Bereiche, sind Quelle von Korruption und Bestechung, befördern Menschen- und Waffenhandel, enden oft in der Geldwäsche über Immobilien. Der Drogenhandel hat einen relevanten Anteil an den Bruttoinlandsprodukten der Produzentenländer (Bolivien, Peru, Kolumbien, Zentralamerika, Mexiko…).
Zwischen den mexikanischen Verkäufer:innen und den Aufkäufer:innen im „Norden“ gibt es enge Beziehungen. Die Finanzgeschäfte werden in der Regel über Bargeld abgewickelt. Von den Gewinnen bleibt den lokalen Produzent:innen nur ein geringer Teil.
Bekämpfungsversuche oszillieren zwischen militärischem Anti-Drogenkrieg (s. USA DEA), der auch die Bevölkerung in Mitleidenschaft zieht, und sozialen Strategien. Doch gegen dieses Krebsgeschwür scheint kein Kraut gewachsen.

  • Alle sogenannten Anti-Drogenkriege sind bisher gescheitert. Sie haben die Zahl der Drogenkartelle und das Gewaltpotential – inbesondere. Kampf zwischen Kartellen um Marktanteile – nur noch erhöht (so während Regierung Calderón). Und den Anti-Amerikanismus beflügelt, s. Plan Colombia.
  • Solange die Preise für Drogen auf dem Weltmarkt um ein Vielfaches über den von Nahrungsmitteln liegen, solange haben Alternativprodukte – siehe Bemühungen der Entwicklungszusammenarbeit – keine Chance.

Den Schlüssel zur Bekämpfung sieht der Referent primär in den Konsumenten- sprich Industrieländern. Den Drogenkonsum im Produzentenland Mexiko hält er für irrelevant.

  • Legalisierung von Marihuana (ca. 20% Marktanteil) würde die Kriminalität eindämmen helfen, meint der Referent. Es würden weniger Mittel zur Bekämpfung benötigt, die in Projekte zur Verbesserung der Lebensbedingungen (Gesundheit, Bildung, Infrastruktur) gesteckt werden könnten. Der Referent setzte auf eine zivile Lösung, bei der eine Teillegalisierung der Drogen eine positive Rolle spielen könnte.

Auf den gut dokumentierten und präsentierten Vortrag folgte eine lebhafte Diskussion mit dem 25 Teilnehmende umfassenden Publikum. Kann z. B. Uruguay mit seiner Legalisierungs- und Verstaatlichungspolitik (Drogenproduktion und Konsum staatlich kontrolliert) Modell für andere Länder sein? Schwerlich z. B. für Brasilien angesichts Größe und Dimension des dortigen Drogenproblems.
Den Schlüssel zur Lösung der Drogenproblematik fanden wir an dem Abend nicht, aber manche Zusammenhänge wurden uns klarer. Pérez Ricart promoviert am Lateinamerika-Institut der FU Berlin zu einem gefährlichen Forschungsfeld.


Wir bedanken uns für die Unterstützung bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung. Für den Inhalt ist allein die bezuschusste Institution verantwortlich. Die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung wieder.

Bericht von Werner Würtele